Anders als seine bekannteren Langspielfilme der 1960er Jahre –
besonders Accatone (1961) und Mamma Roma (1962) – sind Pasolins
Kurzfilme einem ästhetischen Projekt verpflichtet, das sich als
metalinguistisch und intermedial charaktersieren lässt. Namentlich La
ricotta (1963) ist nicht nur ein Film über das Kino, mit Orson Welles in
der Rolle des Regisseurs, sondern auch ein Kommentar über die Beziehung
des filmschen Bildes zur Malerei. Che cosa sono le nuvole? (1967)
wiederum ist ein Versuch über die Beziehungen zwischen Kino und Theater.
Pasolini transformiert dabei Shakespeares Othello in ein
Puppentheaterstück, das zur Grundlage für seinen Film wird. Zugleich
aber ist Che cosa sono le nuvole? auch eine komplexe Inszenierung der
Dialektik zwischen Hochkultur und Populärkultur. Dabei spielen die
Popmusik und der Sänger Domenico
Modugno – hier zu sehen als Puppenspieler – eine wesentliche Rolle.
Ausgehend von diesen Boebachtungen wird dieser Vortrag zu zeigen
versuchen, wie Pasolini in seinen Kurzfilmen – zur Sprache kommen neben
den beiden erwähnten Filmen auch La terra vista dalla luna (1966) und La
sequenza del fiore di carta (1968) – eine über die Sprache
hinausgehende, intermediale Textur entwickelt, welche die vermeintlich
„realistische“ Ästhetik und seine Erzählungen des Vorstadtlebens, die
man aus den frühen Langspielfilmen kennt, in einem neuen Licht
erscheinen lassen.
Ort: Kino des Deutschen Filmmuseums, Schaumainkai 41, Frankfurt.
Filmprogramm:
La ricotta, I 1962, 40 min. Che cosa sono le nuvole, I 1967. La terra
vista dalle nuvole, I 1967. La sequenza del fiore di carta, I 1969Veronica Pravadelli ist Professorin für Filmwissenschaft an der
Universität Roma Tre, wo sie das Center for American Studies (CRISA)
leitet. Sie hat zahlreiche Publikationen zu Visconti und dem
italienischen Kino nach dem Neorealismus vorgelegt, sowie zur
feministischen Filmtheorie und zu verschiedenen Filmregisseruinnen. Ihr
jüngstes Buch ist Le donne del cinema: dive, registe, spettatrici
(2014). Demnächst erscheint Classic Hollywood: Lifestyles and Film
Styles of American Cinema, 1930-1960 (University of Illinois Press).