Dieser Vortrag behandelt Jason and Shirley von Stephen Winters,
eine filmische Fabel über die Dreharbeiten zu Shirley Clarkes Portrait
of Jason (1967). Für seine absichtsvoll unzuverlässige Erzählung über
historisch verbürgte Ereignisse ist der Film gleichermaßen gelobt und
kritisiert worden. Während die historische Rekonstruktion eine zulässige
Weise der Wiedergewinnung der Vergangenheit darstellt, wird dieser
Vortrag die These vertreten, dass die Fabulation eine ebenso zulässige
Variante darstellt, zumal aus der Sicht derer, die dem Machtgefüge der
dokumentarischen Aufzeichnung und Wiedergabe ausgesetzt sind.
Termin und Ort:
28.06.2016, 18:00 Uhr
Casino, Raum 1801
Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Vortrag in englischer Sprache.
In
dem Vortrag gehe ich von den Arbeiten des Filmtheoretikers Marc Siegel
und der schwarzen feministischen Theoretikerin Hortense Spillers aus, um
die Frage nach der „Normativität“ oder „Gegennormativität“ von Winters
historischer Rekonstruktion zu stellen. Queer theory, so wird bisweilen
gesagt, ist immer schon anti-normativ eingestellt. Sie glorifiziert
rückhaltlos ihre eigene Transgressivität und ihre Regelverletzungen.
Vertreter dieser Position sprechen sich mitunter für ein
Sowohl-als-auch-Model der Anerkennung von Geltungsansprüchen aus, bei
dem normative und anti-normative Haltungen gleichermaßen ernst genommen
werden sollen. Mit seiner freihändigen Improvisation über verbürgte
historische Tatsachen scheint Jason and Shirley von uns allerdings eine
andere Haltung zu verlangen, eine Haltung des Weder/Noch. Dieser Haltung
zufolge kann der Ethos der Wiederherstellung und der Rekonstruktion des
Vergangenen ebenso wenig einen Geltungsanspruch einfordern wie die
Glorifizierung der Transgression um ihrer selbst willen.
Tavia
Nyong’o ist Kritiker und Associate Professor im Department of
Performance Studies der New York University. Sein erstes Buch, The
Amalgamation Waltz: Race, Performance, and the Ruses of Memory
(Minnesota, 2009), wurde mit dem Errol Hill Award für das beste Buch im
Bereich African American theatre and performance studies ausgezeichnet.
Er arbeitet derzeit an einer Studie über Fabulation in der schwarzen
Ästhetik. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift Social Text und der
Buchreihe Sexual Cultures der New York University Press. Er
veröffentlicht regelmässig Blog-Einträge auf Bully Bloggers.
Alle Informationen gibt es auf der Website.