La sequenza del fiore di carta entstand für die Anthologie Vangelo
’70, die später unter dem Titel Amore e rabbia mit Filmen von
Bellocchio, Bertolucci, Godard und Lizzani erschien. Pasolinis
zwölfminütiger Beitrag basiert auf einer einzigen, langen Kamerafahrt in
der Via Nazionale in Rom und wenigen späteren Schnitten, die Bilder aus
dem Vietnam und dem Kalten Krieg über diese Plansequenz blenden.
Pasolini gelingt dabei mindestens dreierlei: Er profaniert ein Gleichnis
aus dem Neuen Testament, indem er es in den Alltag des römischen
Straßenlebens verlegt. Aus der Perikope von der Verfluchung des
Feigenbaums extrahiert er die entscheidende Allegorie der Unschuld und
bezieht sie auf die Zeit um 1968. Dabei zeigt sich schließlich, dass
sich auch in der kinematographischen Plansequenz ein politisches Subjekt
einschreibt, das Pasolini aber aus einer „freien indirekten subjektiven
Perspektive“ darzustellen versucht.
Ort: Kino des Deutschen Filmmuseums, Schaumainkai 41, Frankfurt.
Filmprogramm: Il Vangelo secondo Matteo, I 1964, 131 min.
Toni Hildebrandt ist Wissenschaftlicher Assistent an der
Abteilung für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart am Institut
für Kunstgeschichte der Universität Bern.