Vortrag von Volker Pantenburg (Freie Universität Berlin)
Die Zeitschrift Filmkritik, 1957
unter anderem von Enno Patalas gegründet und später von Autoren und
Filmemachern wie Hartmut Bitomsky, Harun Farocki, Wolf-Eckhart Bühler
oder Peter Nau übernommen, bezog sich zunächst stark auf Siegfried
Kracauer und die Kritische Theorie. In den 1960er Jahren war sie
Schauplatz von Debatten, die nicht nur einzelne Filme und Regisseure
betrafen, sondern immer auch die Voraussetzungen und Besonderheiten des
Schreibens selbst. Frieda Grafe, Helmut Färber, Enno Patalas oder
Herbert Linder folgten der Prämisse, dass Filmkritik nicht heißen könne,
über Filme zu schreiben, sondern dass aus der Begegnung mit dem
jeweiligen Film eigene Formen resultieren müsse.
Die Vorlesung konzentrierte sich auf die letzte Dekade der Filmkritik, eine
Zeit,in der die Redakteure – in vielen Fällen zugleich auch Filmemacher
– Strategien entwickelten, das Format der gedruckten Monatszeitschrift
zu überschreiten und zwischen Filmen, Schreiben und Fernsehbeiträgen
wechselten. Auf die Frage, wie die Filmkritik in den 1970er Jahren
funktioniert habe, antwortete der Filmkritik-Autor Hanns Zischler
kürzlich: „Sie funktionierte nicht.“ Im Vortrag geht es um den
produktiven Seiten dieser Dysfunktionalität, die Abkopplung von
Aktualitätsbehauptungen und die polemische Gegnerschaft gegenüber der
damaligen publizistischen Landschaft.
Volker Pantenburg
ist nach Stationen an den Universitäten Münster und der Bauhaus
Universität Weimar seit 2016 Professor für Filmwissenschaft an der
Freien Universität Berlin. Er forscht, lehrt und schreibt unter anderem
zu essayistischen Praktiken sowie Arbeiten im Schnittfeld von Kino und
Museum. Buchpublikationen (Auswahl): Ränder des Kinos. Godard – Wiseman –
Benning – Costa (2010), Screen Dynamics. Mapping the Borders of
Cinema (Mitherausgeber, 2012), Wörterbuch kinematografischer
Objekte(Mitherausgeber, 2014), Cinematographic Objects. Things and
Operations (Hg., 2015) und Kino-Enthusiasmus. Die Schenkung Heimo
Bachstein (Mitherausgeber, 2016). 2015 gründete er gemeinsam mit anderen
das „Harun Farocki Institut“, in dessen Vorstand er tätig ist.Termin: Dienstag, 23.1.2018 | 18 Uhr | Eintritt frei.
Ort: Raum 1.314 | Eisenhower-Saal
| Campus Westend | Goethe-Universität Frankfurt am Main