Wahrheitsfindung und der Kreative Prozess: Investigative Strategien in der Film- und Medienproduktion
Ein Exzerpt der Realität steckt in jeder fiktionalen oder non-fiktionalen Arbeit und eine investigative Recherche führt in der Film- und Medienproduktion zu einem glaubhaften und differenzierten Ergebnis. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Sujet, die eine inhaltliche sowie eine formale Erforschung beinhaltet, ist grundlegender Teil jeder künstlerischen Entwicklung. Die Verarbeitung eines Stoffes im Dokumentarfilm ist eine andere als in einer Fiktion, einer Installation oder in einem Podcast. Die Herangehensweisen unterscheiden sich je nach Medium und Sujet und wirken in ihrer jeweiligen Kombination. Allen gemeinsam ist die fundierte Beschäftigung damit, Ausdrucksmöglichkeiten mit Inhalten in ein Verhältnis zu setzen. Was abgebildet bzw. gezeigt werden soll, steht immer in einem Verhältnis zu der Art, wie es gezeigt wird. Dabei kommen Strategien zum Einsatz, an deren Ende die künstlerische Wahrheitsbildung steht.
Mit dem diesjährigen Thema von Profis Plaudern Praxis XVI möchten wir die Frage nach dem Verhältnis von Wahrheitsbildung und kreativem Prozess erläutern und dafür investigative Strategien in der Film- und Medienproduktion beleuchten. Etablierte Profis aus den Bereichen der Produktion, Recherche, Beratung und Regie sollen Nachwuchstalenten dabei helfen, den passenden Zugang zu ihrem künstlerischen Vorhaben zu finden und abzuschätzen, was notwendig ist, um eine glaubwürdige Arbeit zu produzieren.
Vier Kurzvorträge eröffnen unterschiedliche Perspektiven auf den Spagat zwischen Wahrheitsfindung und kreativem Prozess in der Film- und Medienproduktion. In einer moderierten Paneldiskussion mit anschließenden Einzelgesprächen vor Ort im Medienprojektzentrum Offener Kanal in Kassel oder wahlweise via Zoom wird auf individuelle Fragen für eigene Projekte eingegangen.
Die Vorträge und Einzelgespräche richten sich vorrangig an Studierende aus dem Netzwerk der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) und an die Teilnehmer*innen des 15. Hessischen Hochschulfilmtages, sie sind aber auch für andere am Thema Interessierte geöffnet. Sprache: Deutsch. Einzelgespräche: Deutsch / Englisch.
Die Reihe Profis Plaudern Praxis wird seit 2010 in Kooperation mit der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) durchgeführt. Die Sektion versteht sich als Plattform für die Weiterbildung von Film- und Medienschaffenden. In Vorträgen und Workshops vermitteln Expert*innen fundiertes Praxiswissen und setzen sich mit neuen Entwicklungen in der Branche auseinander.
Profis Plaudern Praxis XVI findet als Hybrid-Veranstaltung statt. Voraufgezeichnete Interviews werden vorab als DokfestChannel online unter www.kasselerdokfest.de verfügbar sein und können ab dem 1.11. kostenlos gesichtet werden.
Die Paneldiskussion findet live im Medienprojektzentrum Offener Kanal im Kulturbahnhof Kassel statt.
Die anschließenden Einzelgespräche zur Beratung finden in zwei Blöcken als Block I vor Ort im Medienprojektzentrum Offener Kanal und nach Voranmeldung als Block II via Zoom statt. Die Teilnahme erfolgt nur mit vorheriger Einreichung von Projekten, über die individuell gesprochen werden soll. Eine kurzfristige Teilnahme vor Ort ist nur möglich, wenn noch freie Plätze zur Verfügung stehen.
Kostenfreie Anmeldung – sowohl für die Präsenz als auch die Online-Gespräche bis zum 14.11. bei Anna Bell: bell@kasselerdokfest.de.
PROGRAMMABLAUF
FREITAG 15.11. | 11:00 – 17:30
11:00 – 12:30 Vorträge der Referent*innen im Medienprojektzentrum Offener Kanal in Kassel
11:00 Nicolas Gebbe
11:20 Antje Behr
11:40 Iryna Riabenka
12:00 Khesrau Behroz
12:30 – 13:15 Moderierte Paneldiskussion im Medienprojektzentrum Offener Kanal in Kassel
13:15 – 14:15 Mittagspause
14:15 – 16:15 Einzelgespräche vor Ort
16:30 – 17:30 Einzelgespräche online via Zoom
Vortragsreferent*innen und Expert*innen für Einzelgespräche //Speakers and experts for one-on-one conversations
Nicolas Gebbe
Nicolas Gebbe wurde 1986 in London geboren und arbeitet als 3D-Artist, Filmemacher und Sounddesigner in Frankfurt am Main. 2018 erhielt er sein künstlerisches Diplom an der Hochschule für Gestaltung Offenbach im Filmbereich. Sein Fokus liegt auf experimenteller 3D-Animation und hybriden Filmformaten.
Experimentieren, spielen, suchen, finden
Ein Vortrag über das spielerische Entwickeln eigener visueller Ideen und deren Umsetzung. Wie finde ich meinen persönlichen, ehrlichen Ausdruck? Wo treffen das Experimentieren, Intuition und Konzept aufeinander? Welche Rolle spielen Struktur und System in der spielerischen Suche? Ein Einblick, wie das intuitive Experimentieren die fruchtbare Grundlage für das Transportieren von emotionalen Inhalten sein kann und wie durch das Loslassen neue kreative Kraft entstehen kann.
Antje Behr
Antje Behr studierte in Berlin und Jerusalem Audiovisuelle Medien. Derzeit ist sie Masterstudentin an der Filmuniversität Potsdam Babelsberg und doziert an der Berliner Hochschule für Technik. Sie macht Dokumentarfilme und Reportagen. Recherchiert, schreibt, führt Regie und hat ein Herz für Wissenschaft, Psychologie und gutes Essen.
„Perfekte*r“ Prota
Das Formatfernsehen der öffentlich-rechtlichen Sender ist geprägt von inhaltlichen, visuellen und strukturellen Vorgaben des jeweiligen Sendeplatzes. Autor*innen werden dazu angehalten den manchmal sehr expliziten Redaktionswünsche nachzukommen. Die Recherche nach dem / der „perfekten“ Protagonist*in nimmt meist viel mehr Zeit in Anspruch als die eigentlichen Dreharbeiten. Wo und wie findet man diese Menschen?
Iryna Riabenka
Iryna Riabenka arbeitete als Fernsehjournalistin, investigative Reporterin und Filmemacherin für verschiedene Fernsehsender wie SWR, BR und DW. Sie absolvierte ihren Master in Fernsehjournalismus und Dokumentarfilm an der Hochschule Hannover. Ihr Regiedebüt „Heller Weg“ wurde weltweit auf Festivals nominiert und ausgezeichnet.
„Heller Weg“: Aufdeckung der Wahrheit durch poetische Dokumentation
„Heller Weg“ ist ein Essayfilm, der das Schicksal des ukrainischen Journalisten Stanislav Aseyev und die russische Folter im Donbas durch investigative Recherche beleuchtet. Doch wie schafft man Wahrheitsbildung, wenn die Bilder aus dem Foltergefängnis fehlen? Die poetische Form des dokumentarischen Erzählens könnte die Antwort sein. Durch kraftvolle, essayistische Bilder und Worte zieht der Film die Zuschauer*innen in eine Realität, die keine expliziten Aufnahmen braucht, um die Grausamkeit und Tiefe des Geschehens fühlbar zu machen.
Khesrau Behroz
Khesrau Behroz ist Host, Autor und Produzent von millionenfach gehörten Podcasts wie „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“, „Legion: Hacking Anonymous“ und „SchwarzRotGold: Mesut Özil zu Gast bei Freunden“. Für seine Arbeit ist er mit dem Grimme Online Award, dem Deutschen Reporterpreis, dem Deutschen Podcastpreis und dem Preis für Popkultur ausgezeichnet worden. Er ist Co-Gründer und -Geschäftsführer der Berliner Produktionsfirma Undone.
Was es braucht, um eine gute Geschichte zu erkennen
Khesrau Behroz erzählt von seiner Arbeit als Produzent, Autor und Host: Von der Idee bis zur Veröffentlichung dauert jede Produktion von Doku-Podcasts wie „Cui Bono“, „Legion“ oder „SchwarzRotGold: Mesut Özil zu Gast bei Freunden“ etwa ein Jahr – dazwischen liegen hunderte Entscheidungen über die Recherche, Dramaturgie, Sound Design und Distribution. Von diesen Entscheidungen erzählt Behroz – und was es braucht, um eine gute Geschichte zu erkennen.