Kino und Ethnologie verbindet, dass sie Anschauungen von Welten schaffen, die mit der Welt, in der wir leben, verbunden sind und sich zugleich von ihr unterscheiden. In Brasilien bildet der Animismus des Amazonas-Beckens mit seinen mythischen Erzählungen von der Verwandtschaft aller Dinge und der Verwandlung aller Lebewesen ineinander schon den Stoff der Literatur: So verwandelt Mario de Andrade in seinem Roman Macunaíma von 1928 das ethnologische Wissen seiner Zeit in einen avantgardistischen Abenteuerroman ohne Vorbild und Vergleich. Das Cinema Novo und das Cinema Marginal der 1960er und 1970er Jahre greifen diese Verbindung von Ethnologie und Avantgarde im Medium des Films wieder auf und vertiefen sie weiter. Dem widmet sich die Filmreihe "Tropical Underground".
Im Zentrum standen dabei die Filme des Cinema Marginal, einer Kino-Bewegung, die als ungewollter Nebeneffekt einer dirigistischen Kulturpolitik in den Anfangsjahren der Militärdiktatur entstand, sich als Gegenentwurf zum Cinema Novo verstand, und mit der künstlerischen Avantgarde vielfältige Beziehungen unterhielt.
Die Film und Lecture-Reihe "Tropical Underground" wurde am 19.10.2017 im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt mit einem Vortrag von Prof. Dr. Vinzenz
Hediger (Goethe Uni Frankfurt) über den Cinema Novo Klassiker Macunaíma (Joaquim Pedro de Andrade, 1969) eröffnet.
Namhafte internationale Expert_innen
hielten in dieser umfangreichen Reihe jeweils einen Vortrag zu einem Film ihrer Wahl. Im Anschluss an
die Filmvorführung erhielt das Publikum Gelegenheit zur Diskussion mit
den Referent_innen. Viele Vorträge fanden in
englischer Sprache statt.
Gezeigt wurden in dem Filmprogramm Werke von Regisseur_innen wie Ivan Cardozo, Rogerio Sganzerla, Andrea Tonacci und anderen, aber auch Schlüsselwerke des Cinema Novo von Glauber Rocha und Nelson Pereira dos Santos sowie Jorge de Andrades Macunaima.
Highlight der Reihe war die Präsentation der Schauspielerin und Regisseurin Helena Ignez (São Paolo).
Weitere
Referent_innen waren unter anderem: Diedrich Diederichsen (Wien),
Christopher Dunn (Tulane/New Orleans), Robert Stam (New York), Lucia
Nagib (Reading), Irene Small (Princeton), Max Jorge Hinderer Cruz (Rio),
Juan Suárez (Murcia), und Stephanie Dennison (Lees), u.a.
November 2017 bis März 2018 im Weltkulturen Museum, Frankfurt a.M. | Eröffnung 17. November 2017
sowie die